Sonntag, 5. Juni 2011

Germany’s Next Topmodel dechiffriert (Teil 2)

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Und schon folgt Teil 2 meines Aufsatzes zum Thema Germany's Next Topmodel. Für den ersten Teil klick hier. Und Danke für eure tollen und konstruktiven Beiträge zum letzten Post ihr Lieben!

GNTM im Fokus der öffentlichen Kritik
Die Castingshow steht immer wieder im Fokus der öffentlichen Kritik. Während einerseits ein scheinbar großer und als meinungsführend angesehener Teil der Gesellschaft die Praktiken der Topmodel Mama kritisiert, scheinen die Quoten eine andere Sprache zu sprechen. Ist die unvereinbar? Oder bedingen sich diese Tatsachen eher gegenseitig? Ist es womöglich dasselbe Prinzip, wie bei einem Stau, der nach einem Unfall bedingt durch sogenannte „Gaffer“ entsteht? Jeder weiß, dass dort etwas Schlimmes passiert ist und dennoch können die Meisten nicht wegsehen. Die Neugier und die Freude am Schrecklichen sind insgeheim einfach zu groß.

Eine Rückkehr zum Sexismus
Nach langen Jahren der feministischen Befreiung scheint es nicht ungerechtfertigt, dass vielen Eltern und Anhängern eines aufgeklärten Frauenbildes ein solches Sendungsformat missfällt, das das ohnehin schon mit Vorurteilen und Skepsis angereicherte Modelbusiness verherrlicht. Die Mädchen werden dem Berufsbild entsprechend als Waren behandelt - Meinungsfreiheit gilt hier nicht, wenn die Haare rot gefärbt und raspelkurz geschnitten werden sollen, muss es eben so geschehen. Wer nicht spurt fliegt raus. Passend dazu behandelt die Modelmama ihre „Schützlinge“ stets wie Kinder und meint sie über das harte Modelleben aufklären zu müssen, wobei jene lernen sollen, dass im Modelbusiness nur Diejenige weiterkommt, die niemals wiederspricht und jede noch so realitätsfremde und sonderbare Herausforderung lächelnd annimmt. Die zum Teil noch Minderjährigen werden kritisiert, wenn sie sich halb nackt und in amouröser Pose komischerweise nicht so wohl fühlen in ihrem Körper. Schließlich muss ein Model spontan lasziv und sexy wirken können. Sexismus auf Knopfdruck. Freiwillige Unterwerfung und dauerhafte Demütigung sind die Devise und machen, auch wenn es kaum einer zugibt, einen Großteil der Einschaltquoten aus. Lachend die Welt erkennen, war in Brecht’schen Zeiten schon ein Motto. Und wem das gesellschaftliche Niveaulimbo schon nicht bewusst ist, dem bleibt wenigstens das Lachen. Zum „Pascha des Monats“ kürte die feministische Zeitschrift Emma Heidi
Klum passend dazu in ihrer Ausgabe vom Mai/Juni 2009. „Diese stupsnasige und kaltschnäuzige Scharführerin peitscht hunderte von naiven jungen Mädchen bislang Richtung Versandhaus-Katalog, wo auch Heidi selber einst brillierte. Demnächst könnten die Siegerinnen der sado-masochistischen TV-Show ‚Germanys Next Topmodel‘ allerdings direkt auf der Stripteasebühne bzw. in der Peepshow landen“, heißt es auf der Internetseite treffend.

Heidi Klum – Ein fragwürdiges Vorbild
Jene Scharführerin und manchmal auch Scharfrichterin bietet allerdings nicht nur Stoff für feuchtfröhliche Frauenabende und Mittagspausen-Witze, sondern stellt für manch eine Zuschauerin der jüngeren, wenn nicht auch noch naiveren Klasse ein fragwürdiges Vorbild dar. Der große Andrang junger Mädchen auf diverse Internetforen und Homepages des TV-Formats und das zahlreiche Aufkommen bei den offenen Castings offenbaren eine weitere Ebene abseits der reinen medialen Unterhaltung. Jene Mädchen nehmen keinen Abstand und belassen es nicht nur beim Lachen in heimischer Atmosphäre. Sie träumen vom Groß- und Schön-Werden – am besten in Größe 34 –, nehmen aktiv an Internetdiskussionen teil und fiebern bei jeder Entscheidung mit ihren Lieblingskandidatinnen mit. Es sind diejenigen Mädchen, denen Heidi Klum ein fragwürdiges Vorbild liefert und jene, die ein klischeehaftes und fremdgesteuertes Frauenbild fraglos, weil unbewusst, akzeptieren. So stell Medienwissenschaftlerin Maya Götz zum Beispiel fest, dass „50 Prozent der Mädchen, die regelmäßig ‚Germany´s Next Top Model‘ gucken, […] von sich [sagen]: Ja, ich könnte das machen. Und es ist durchaus etwas, was auch eine Berufsperspektive gibt, was aber rein faktisch nicht der Fall ist. Denn wie viele Models brauchen wir in unserer Gesellschaft? Und: Ist das überhaupt ein Berufsbild, was in irgendeiner Weise positiv ist, was wirklich eine Zukunftschance hat? Da muss man ganz klar sagen: Nein, ist es nicht.“ Weder Unmengen an Models, noch ein dauerhaft gestyltes, sich um Kleider zankendes und sowieso immer zickiges Frauenbild braucht die Gesellschaft und dennoch kommt ein solches Format bei eben dieser Gesellschaft an.

Warum?

– Bei den einen um zu lachen, bei den anderen mangels besseren Wissens.

11 Kommentare:

  1. Hach erfrischend das zu lesen (bei 32° Außentemperatur)!
    Mir ist ebenfalls aufgefallen, dass es immer mehr Mädchen mit dem Berufswunsch "Model" gibt. Ich arbeite ja dann später auch im öffentlichen Dienst, sprich Schule. In meinen Praktika hatte ich immer Kontakt mit Mädchen um die 12-14, die angaben vom Modelbusiness zu träumen. Einmal sprach ich eine Lehrerin auf eine Schülerin an, die jeden Tag mit 10cm Heels, Skinny Jeans und total aufgestylt zur Schule kam. Diese meinte "Ach...xy will Model werden!" ...was soll man dazu noch sagen?!
    Die Medienwelt a la Heidi und Co. vermittelt doch: Werd Model oder Popstar, sonst biste ein Niemand!..und gerade junge Menschen, die sich gerade finden nehmen das für bare Münze.

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  2. Wirklich gut geschrieben, auch der erste Teil hat mir schon sehr gefallen.
    Ich muss ja ehrlich gestehen, dass ich die Sendung schaue. Für mich ist es reine Unterhaltung. Ich bin aber auch 23 und keine naive 14 mehr, ich weiß, dass die Sendung von vorne bis hinten gestellt und inszeniert ist und ein völlig überzogenes, unrealistisches Bild des Modelbusiness zeigt und völlig falsche Ideale vermittelt.
    Ich hab keinen "Kontakt" zu der Alterklasse 12-14, aber ich kann mir sehr gut vorstellen, wie die Sendung auf junge Mädels wirkt. Zum einen die extreme Reduzierung auf Äußerlichkeiten: Du kannst nur was erreichen, wenn du schön und schlank bist. Intelligenz braucht kein Model, also muss man ja auch eigentlich gar nicht erst zur Schule gehen.
    Zum anderen dieses total verdrehte Bild vom Modelbusiness. Kein Model muss über einen Laufsteg in 65 m Höhe laufen können. Oder Synchronschwimmen. Das ist einfach so was von schwachsinnig. Klar, kann ich nur schwer beurteilen, wie das richtige Modelleben aussieht...aber so bestimmt nicht :D

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  5. Achso!
    Ich wusste nicht mal,
    dass so viele aus dieser Gegend kommen.
    Kannte nur die Thuy von Shoupett / Two for fashion
    und die Jana von Bekleidet :)

    Jaaa,
    den Top Sealer will ich mir noch unbedingt holen.
    Da ich nur gutes davon höre. Sei es Youtube Videos
    von diversen Gurus (hahaha) oder Blogs :D

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  6. Hach, ich mag deinen Schreibstil ;)
    Regt einen schön zum Nachdenken über unsere Mediengesellschaft an.

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  7. Hey, bin gerade durch Zufall hier gelandet und an den beiden Artikeln über gnt hängen geblieben.
    Dein Schreibstil ist toll und die vielen guten Ideen (besonders das Bild mit den Gaffern, wenn etwas Schreckliches passiert) finde ich super und sie treffen es auch.
    Ich würde es vielleicht eher gucken, wenn alles gestellt wäre. Es wäre nicht weniger unterhaltsam und man würde keine Mädchen vor dem ganzen Land kaputt machen.

    Liebe Grüße, annka :)

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  8. Heidi Klum ist eine Katastrophe. Davon mal abgesehen ist sie KEIN Topmodel, denn Germany´s Topmodel ist wie jeder eigtl. weiß- Claudia Schiffer- diejenige die über viele Catwalks spaziert und auch in Amerika weltberühmt ist. Nicht so Heidi Klum, die ist nämlich zu dick für Catwalks. Lediglich bei Victoria Secret läuft sie ab und an mit, wobei sie dafür eigtl. auch zu dick war und nun extra auf Diät ist, um wieder mitlaufen zu können und nein, Heidi Klum hat keine Größe 34, sondern nach vielen Quellen eine 38/40 (was man aber auch sehen kann, eine Größe 34 sieht anders aus). Also, nicht unbedingt Modelmasse. Was diese Sendung natürlich noch lächerlicher macht. Sie fordert die jungen Dinger auf Sport zu machen und abzunehmen, obwohl sie selber nicht mal diese Modelmasse vorweisen kann. (Genau so, wie Tyra Banks bei Amerikas next Topmodel, die ist nämlich auch eher so 42/44 statt eine 34). Und es ist ja SO schwer zu modeln. Lächerlich. Das Schwierigste am Modeln ist der Verzicht auf fettige Speisen und so schwer ist es ja nun auch wieder nicht....

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    1. Ganz schön bescheuert - "GNTM ist lächerlich, weil Heidi Klum zu dick ist." Es gibt hundert bessere Gründe, warum diese Show problematisch ist (wie im OP auch erwähnt). Warum dann den Argumentationsstrang wählen, der einem die Möglichkeit gibt, erst einmal schön über den Körper einer anderen Person herzuziehen? Den Körper einer Frau nämlich, den wir als Gesellschaft ohnehin schon viel zu nah unter die Lupe nehmen.
      DAS nenne ich internalisierten Sexismus.

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  9. Es ist nicht schwer auf Essen zu verzichten, solange man nicht genug Grips hat um zu wissen, was man sich und seinem Körper damit antut... wer die negativen (Spät-) Folgen von jahrelanger Mangelernährung, insbesondere während des Wachstums, nicht kennt, der hat sicherlich wenig Probleme damit, sich uns Untergewicht zu hungern.

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  10. Also, ich bin ja die erste, die dieses Format abschaffen würde, aber die Art und Weise, wie hier über den "Grips" und die Körper dieser jungen Frauen diskutiert wird, finde ich zum Kotzen.
    Auf der einen Seite über Sexismus zu klagen und dann auf der anderen Seite stupiden Stereotypen Raum zu geben, zeugt meines Erachtens von geistiger "Mangelernährung".

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