Sihe du hattest zwar eine super Woche, ein tolles Fotoshooting und bist schön gelaufen, aber ich habe leider kein Foto für dich. Dir fehlt nämlich einfach die Persönlichkeit. WTF!? Dass, die dort nur quotenstarke und durchgeknallte Quatschnudeln haben wollen, ist mir schon klar, aber welche Botschaften werden damit an junge, eventuell auch eher stille Mädels zuhause vor'm Fernseher gesendet? Unverantwortlich meiner Meinung nach.
Deshalb nehme ich das hier einmal zum Anlass meinen Essay zum Thema Die mediale Fabrikation von Stars – Germany’s Next Topmodel dechiffriert – zu veröffentlichen:
"Wir übergießen unsere Models nicht mit Salatsauce" erklärt Louisa von Minckwitz, Chefin einer großen deutschen Modelagentur, im Interview mit der Süddeutschen Zeitung und spielt damit auf eines der vielen Fotoshootings an, denen sich die sogenannten Mädchen in der Castingshow Germany’s Next Topmodel unterziehen müssen oder vermeintlich sogar wollen. Wenn jenes Prozedere dem normalen Modelalltag scheinbar nicht entspricht, was macht dieses Format dann so sehenswert? Trotz gesunkener Einschaltquoten wird momentan schließlich bereits die sechste Staffel des deutschen Ablegers von America’s Next Top Model auf ProSieben ausgestrahlt, welcher beim Finale der ersten Staffel, laut Medienmagazin DWDL, bereits einen hervorragenden Marktwert von 23,9 Prozent in der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 19-Jährigen erreichte.
Das Konzept
Wie der Name es vermuten lässt, ist das Ziel dieser Sendung Deutschlands nächstes Topmodel zu finden. Die Castingshow, welche von Deutschlands womöglich bekanntestem Model Heidi Klum moderiert wird, ist damit eine Art Massenproduktion kleiner Nachwuchs-Heidis, die zwar im Anschluss an die Show oft auf Filmverleihungen in Köln und Berlin oder im nachmittägigen Klatschprogramm von ProSieben auftreten, seltener aber auf den großen Laufstegen in Mailand, New York oder Paris zu sehen sind.
Die Herausforderungen
Allen Staffeln gemeinsam ist, dass nach einem Vorentscheid – entweder inoffiziell oder im offenen Casting in größeren Städten – zwölf bis neunzehn, ab Staffel sechs neuerdings 50, Kandidatinnen ausgewählt werden und sich Woche für Woche bestimmten Herausforderungen unterziehen müssen. Dazu gehört beispielweise das Catwalk Training mit stets abstrusen Gestalten der internationalen Homo-Szene, die auf 20cm High-Heels und mit gewollt unverständlichem Deutsch durchs Bild stolzieren, um den Mädchen klar zu machen, wie wichtig es ist als Model über Wasser oder auf einem schwebebalkenähnlichen Laufsteg in 30 Metern Höhe laufen zu können. Ein weiteres wiederkehrendes Motiv sind selbstverständlich die Fotoshooting, bei denen sich Heidi gerne immer wieder neue Gemeinheiten – siehe oben – einfallen lässt, um die Mädchen auf den harten Modelalltag vorzubereiten. Dabei entsteht im Idealfall ein Bild, welches zum Ende jeder Folge den besten Kandidatinnen, nach langem Bangen und immer wiederkehrenden Phrasen samt endlosen Sprechpausen seitens Heidi, überreicht wird. Im Durchschnitt scheiden dabei ein bis zwei Mädchen tränenreich aus der Sendung aus.
Zuvor allerdings muss jede der Kandidatinnen sich zunächst noch mit den anderen um das beste Kleid und die passenden oder gerne auch mal zu klein oder zu groß geratenen Schuhe streiten, um im Anschluss einen letzten „Walk“ abzulegen. Dabei geht es aber eigentlich vielmehr noch einmal darum, die Mädchen auf Herz und Nieren zu prüfen, warum sie denn genau Germany’s Next Topmodel werden wollen. Nicht selten kommt es dabei vor, dass lächerliche Tanzmanöver oder Schreiausbrüche gefordert werden, um die Motivation zu unterstreichen. Und wozu das Ganze? Damit die meist weibliche Zuschauerin zuhause auf dem Sofa ordentlich was zu lachen hat und sich in aller Manier fremdschämen darf. Da kommt auch selbstverständlich kein schlechtes Gewissen auf, dass man selbst gerade eine Packung Chips in der Hand hat und nicht die beste Figur aufweisen kann. Schließlich möchte ja keiner dem typischen „blödes Model“ Image entsprechen, das diese Sendung einem von Staffel zu Staffel scheinbar immer deutlicher zu suggerieren vermeint.
Die Jobs
Ein anderer nicht minder wichtiger Baustein sind die Jobs, welche sich die Mädchen bei verschiedenen Casting erkämpfen können. Diese sind, wenn auch nicht immer, so dennoch oft kommerzieller Natur und dienen offensichtlich eher dem Werbeerlös des Senders als den Portemonnaies der Kandidatinnen, die einen erheblich großen Anteil ihrer Gage laut angeblichem Knebelvertrag mit ProSieben an den Sender abtreten müssen. Das Bekanntmachen neuer Produkte und die Manifestation Etablierter bieten der Zuschauerin QVC und Zirkus in einem.
- Soviel erstmal dazu. Ich will euch jetzt nicht mit Seitenlangen Posts quälen und freue mich wenn ihr es überhaupt bis hier unten geschafft habt. :-) Nächstes Mal geht's also weiter mit Teil 2 unter dem Kapitel GNTM im Fokus der öffentlichen Kritik.
Genießt die Sonne!